Schauspielerin Eva Hassmann ist nach vielen Jahren zurück in Oldenburg. Mit unser Redaktion spricht sie über ihren Filmfest-Beitrag, ihren Eindruck von der Innenstadt und ihre Zukunftspläne.
Oldenburg - Eva Hassmann läuft ein wenig staunend durch die trubelige Fußgängerzone, zeigt immer wieder auf die verschiedenen Gastronomiebetriebe, vor denen Menschen die Sonne des Spätsommers genießen. „Auf mich wirkt es so, also ob die Oldenburger viel feiern und das Leben genießen.“ Als sie hört, dass viele Menschen eine zunehmende Schmuddeligkeit der Innenstadt beklagen, kann sie es nicht glauben. „In Downtown Los Angeles sieht’s ganz anders aus.“ Dort lebt die Schauspielerin, Autorin und Regisseurin, die ihre Jugend in Oldenburg verbrachte – und nun fürs Filmfest zurückgekehrt ist.
Die Stadt
„Ich hatte ganz vergessen, wie schön Oldenburg ist.“ Seit mehr als 20 Jahren war sie nicht mehr in der Stadt, in der sie die Richtung für ihren Lebensweg einschlug. Am Staatstheater tanzte sie Ballett und übernahm erste Statistenrollen. An der Cäcilienschule gründete sie eine Theatergruppe mit und brachte unter anderem Ibsens „Nora“ auf der Bühne der Aula. „Das Staatstheater hat uns damals alle Kostüme und Requisiten geliehen“, erinnert sie sich.
Blick ins NWZ-Archiv: 1990 berichtete unsere Redaktion über dieses Theaterstück.
Dass sie nun die Weltpremiere ihres ersten eigenen Spielfilms „Willie and me“ (Regie, Buch und Hauptrolle) beim Oldenburger Filmfest zurück an die Hunte führt, ist natürlich eine Geschichte, die sich kein Drehbuchautor besser hätte ausdenken können. Bei mehreren Festivals hatte sie den Streifen eingereicht. „Als Torsten Neumann mich anrief und sagte, dass er ihn als Eröffnungsfilm haben möchte, ist mir fast der Hörer aus der Hand gefallen“, sagt Hassmann.
Die Karriere
Zur Person
Eva Hassmann wurde 1972 in Herford geboren. Zehn Jahre später zog sie mit ihrer Familie nach Oldenburg und besuchte hier die Cäcilienschule. Am Oldenburgerischen Staatstheater sammelte sie erste Bühnenerfahrungen. Ihr Studium absolvierte sie in Berlin und Los Angeles. Sie lebt in den USA.
Sie drehte unter anderem mit Bud Spencer und Terence Hill („Die Troublemaker“), Otto Waalkes (mit dem sie von 2000 bis 2012 verheiratet war) oder Wolfgang Stumph („Stubbe“). Zu sehen war sie in vielen bekannten TV-Produktionen („Tatort“, „Dr. Stefan Frank“, „Kommissar Rex“). Hassmann ist allerdings nicht nur als Schauspielerin aktiv, sondern auch als Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin und Fotografin.
Für ihren Kurzfilm „Mad Lane“ erhielt sie auf dem Sacramento Film Festival 2006 den Kurzfilmpreis. Der Film „Willie and me“, der das diesjährige Oldenburger Filmfest eröffnete, ist ihr erster Langfilm als Regisseurin (zugleich auch Autorin und Hauptdarstellerin).
Es soll der Start sein in das nächste Kapitel ihrer Karriere im Filmgeschäft. Klar, für gute Rollenangebote ist sie weiterhin offen. „Aber die Zusammenarbeit mit den Schauspielern hat mich so erfüllt, dass ich meinen Schwerpunkt jetzt auf die Regie und das Schreiben setzen möchte.“ Dabei war der Weg zum ersten Langfilm nicht einfach: Finanzierung, Planung, Corona – sie habe sich manchmal auch überfordert gefühlt. „Es war ein Sprung ins kalte Wasser, aber die Leidenschaft hilft einem, zu schwimmen.“ Bilder mit Worten malen kann sie.
Ein Stück weit ist der Wechsel hinter die Kamera womöglich auch die Flucht nach vorne. Es ist kein Geheimnis, dass der eiskalte Teil der Filmbranche Frauen in fortgeschrittenem Alter deutlich seltener besetzt, während graumelierte Männer weiter ihre Rollen als Actionhelden oder Sexsymbole spielen dürfen. „Die Bücher müssen sich ändern“, sagt Hassmann angesprochen auf dieses Problem. „Wir wollen doch Geschichten über Menschen erzählen – und Menschen altern.“
Sie selbst geht mit gutem Beispiel voran und hat in „Willie and me“ alle Generationen dabei. Ihr nächster Film, an dem sie schreibt, beginnt mit zwei Frauen im Alter von 60 und 70 Jahren, verrät sie. Die 50-Jährige ist überzeugt, dass dieser Ansatz beim Publikum funktioniert.
Die Förderer
Daran geglaubt haben auch zwei bekannte Namen. Peter Bogdanovich, vergangenes Jahr verstorben, war ein Förderer und spielte seine letzte Rolle in ihrem Film. „Er stand über Jahre an meiner Seite.“ Und Country Willie Nelson steuerte nicht nur seine Musik bei, sondern auch sich selbst in einer Doppelrolle. Natürlich ist die Hoffnung groß, dass viele seiner Fans nun auch ins Kino kommen. Einen Verleih für USA und Kanada hat Hassmann mittlerweile gefunden. Zudem wird der Film noch auf Festivals in Rom und Miami laufen.
Doch jetzt ist erstmal Oldenburg. Das Wochenende ist für Eva Hassman vollgepackt mit Terminen, da bleibt wenig Zeit für die Beschäftigung mit der Vergangenheit. Immerhin ihre beiden Brüder waren bereits da, haben mit ihr gefeiert. Ehemalige Lehrer hat sie bei der Premiere am Staatstheater getroffen. Sie will aber nach dem Filmfest noch ein paar Tage bleiben, alte Freunde treffen, die Stadt genießen. Es ist ja schließlich so schön hier.
Patrick Buck Redaktion Oldenburg (Stv. Leitung)